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Bikernieki

Bikernieki

Der Wald von Bikernieki ist ein Ort, der bereits früher im 20. Jahrhundert mit einem Massaker verbunden war. 1919 töteten lettische Bolschewisten dort 60 Menschen.

1941 jedoch wurde Bikernieki die größte Stätte des Massenmords an Jüdinnen und Juden. Als am 1. Juli die Wehrmacht in Riga einmarschierte, begann vor allem das lettische „Kommando Arajs" sofort mit Verhaftungen, Misshandlungen, Erschießungen von Juden und mutmaßlichen Kommunisten. Den sog. „Sommerexekutionen" fielen allein in Riga 6.378 Menschen zum Opfer.

Nach der Ermordung der allermeisten Insassen des lettisch-jüdischen Ghettos ab 30. November in Rumbula war der Wald von Bikernieki der zentrale Ort der Massenerschießungen in Riga.

Dies war zugleich der Beginn der Massenvernichtung der Jüdinnen und Juden aus dem Deutschen Reich und den von ihm annektierten Gebieten, die nun ebenfalls Opfer des organisierten Tötens wurden.

Bikernieki ist der größte Tatort in Lettland. Neben Juden – die größte Opfergruppe – wurden hier auch politische Gefangene und fast 10.000 sowjetische Kriegsgefangene getötet. Die Erschießungskommandos bestanden aus Angehörigen des Einsatzkommandos 2, der Waffen-SS, der lettischen Hilfssicherheitspolizei und deutschen Polizisten.

Den Nationalsozialisten war der Unrechtsgehalt ihrer Mordaktionen stets bewusst. Als sich abzeichnete, dass sie die Hoheit über Lettland verlieren würden, versuchten sie, ihre Spuren zu verwischen. Die Massengräber wurden auf ihr Geheiß („Aktion 1005“) von Gefangenen geöffnet, die die Leichen bergen und verbrennen mussten. In der Sprache der SS hieß das „Enterdung“. Das war nach der physischen eine zweite Vernichtung der Opfer.

Lange hatten die Opfer der Mordaktionen in Bikernieki keine angemessene Würdigung erfahren. Die jüdischen Opfer der deutschen Besatzung waren kein Thema in der Sowjetzeit und in der lettischen Gesellschaft. Im Winter fuhren Menschen im „Naherholungsgelände“ Wald von Bikernieki auch auf den Massengräbern Ski.

Das änderte sich endgültig erst, nachdem das Land parallel zum Zerfall der Sowjetunion seine Unabhängigkeit zurückerhielt. Die Gedenkstätte für die in Bikernieki ermordeten Opfer wurde 2001 eingeweiht und wird vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge betreut.

Der zentrale Gedenkort der Anlage ist in Quadrate nach Zahl der Massengräber aufgeteilt. In den 48 Quadraten und daneben sind im Boden polierte Granitplatten mit den Namen der Städte eingelassen, aus denen die Menschen nach Riga deportiert wurden.

In der Mitte des Bereichs, wo man Menschen in den Tod trieb, wurde eine symbolische Kapelle mit einem Namensschrein gesetzt. Darin sind die verplombten Kapseln der Städte mit den Namenslisten der von dort deportierten Opfer eingeschlossen. Auf den seitlichen Flächen des Altars steht in Lettisch, Hebräisch, Russisch und Deutsch die Inschrift der Tora (Hiob 16; Vers 18): ‚Ach Erde, bedecke mein Blut nicht, und mein Schreien finde keine Ruhestatt.‘

Entlang der Waldwege zwischen den Gräbern, die damals zum Todesweg von Menschen wurden, sind Betonpfähle aufgestellt. Sie stehen – jeweils mit einem von drei Symbolen versehen – für die unterschiedlichen Opfergruppen. Die Symbole sind der Davidstern, das Kreuz oder eine Dornenkrone für die umgebrachten politischen Gefangenen bzw. die jeweils tot hier angekommenen Kriegsgefangenen der Roten Armee oder für sonstige Opfer der Zivilbevölkerung, die erkennbar ebenfalls keiner Konfession zugerechnet werden können. Die Betonpfähle sind oben mit Stahldornen besetzt, als Symbol für den letzten Weg der Opfer in den Tod.“