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Meldung

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Kerzen im Mai

Gedenkveranstaltung und -aktion auf Kriegsgräberstätte

Wettringen. Bei sommerlichen Temperaturen im Mai erinnerte die Gemeinde Wettringen in einer beeindruckenden Veranstaltung an das Kriegsende vor 80 Jahren.

Trotz des sehr schönen Wetters an einem Sonntagabend nahmen zahlreiche Menschen aus der ca. 8.500 Einwohner zählenden Gemeinde daran teil. Gemeinsam mit der Katholischen Kirchengemeinde und der Ortsgruppe des Volksbundes hatte die Gemeinde die Gedenkveranstaltung bereits im vergangenen Jahr angedacht.

Neben den vielen Besuchern beteiligten sich auch viele unterschiedliche Gruppen an der Gestaltung des Gedenkens, das mitten auf dem Friedhof in unmittelbarer Nähe der Kriegsgräber stattfand. Der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr sowie der Männergesangsverein sorgten u.a. für die musikalische Rahmung der Gedenkveranstaltung. Nach einer Begrüßung durch den stellv. Bürgermeister Hartwig Guhle hielt der Regionalgeschäftsführer des Volksbundes, Jens Effkemann, eine kurze Gedenkrede. Er betonte dabei, wie sehr es zur Wahrung des Friedens auf jede/n Einzelne/n von uns sowie auf die gesamte Gemeinschaft im Kleinen und Großen ankomme.

Besonders eindrucksvoll ist zudem die Gedenkaktion der Realschule Wettringen an dem Abend gewesen. Die Schülerinnen und Schülern legten mit zwei Lehrkräften und dem stellvertretenden Bürgermeister mitten im Mai an jedem der 53 Kriegsgräber eine Kerze zum Gedenken nieder. Einen Presseartikel aus der Münsterländischen Volkszeitung zur gesamten Veranstaltung finden Sie unter dem folgenden Link.

Hier gelangen Sie zum Zeitungsartikel

Quelle: Münsterländische Volkszeitung, 13.05.2025, Altmeppen Verlag GmbH & Co. KG, alle Rechte vorbehalten

Text und Fotos: Jens Effkemann
 

Ein Land voller Massengräber und kaum jemand, der noch einen Kaddisch sagen kann: Auf den Spuren der Shoah in Lettland

Im September 2024 unternahmen Mitarbeitende der Gedenkstätten sowie Mitglieder des Gedenkstättenvereins und MultiplikatorInnen aus dem Osnabrücker Raum und Berlin vom 26. August bis 1. September 2024 eine Reise nach Litauen und Lettland zu Orten der Shoah im Baltikum. Die Reise erfolgte im Rahmen der Ausstellung "Der Tod ist ständig unter uns. Die Deportationen nach Riga und der Holocaust im deutsch besetzten Lettland", die vom 7. April bis 1. September 2024 in der Gedenkstätte Augustaschacht zu sehen war. Die Autorin war eingeladen worden, an dieser Reise teilzunehmen. Sie stellt uns ihren Bericht für diese Veröffentlichung kostenfrei zur Verfügung.

Am 13. Dezember 1941 wurden 35 Osnabrückerinnen und Osnabrücker gezwungen, in einen Zug zu steigen, der sie in mehrtägiger Fahrt nach Riga in Lettland brachte. Sie selber kannten das Ziel nicht. Ihren Besitz mussten sie zurücklassen. Fünfzig Kilo an Gepäck waren alles, was sie mitnehmen durften, und auch wurde ihnen bei der Ankunft weggenommen, als sie mit Eisenstangen aus dem Zug in die eisige Kälte von minus 30 bis 40 Grad geprügelt wurden. Kleine Kinder und alle, die den weiten Weg in das Ghetto nicht schafften, wurden gleich ermordet. „Keiner von uns hat geglaubt, dass so viel Sadismus möglich war“ – dieser Satz stammt von Ewald Aul, einem der fünf Osnabrücker Überlebenden dieser Deportation, später langjähriger Vorsitzender der Jüdischen Nachkriegsgemeinde in Osnabrück.

Diese Reise war nicht leicht, manche Eindrücke nur schwer zu verkraften Es war eine Reise auf den Spuren von Massenmorden, die auch emotional belastete, und dennoch eine Reise mit vielen wertvollen Begegnungen mit Menschen, die sich dafür engagieren, die Menschen, die diesen Morden zum Opfer fielen, der Vergessenheit zu entreißen, wo das noch möglich ist, und ihnen dadurch ihre Würde zurückzugeben. Unter diesen Ermordeten, für die niemand das Kaddisch, das jüdische Totengebet, sprach, sind 30 Osnabrückerinnen und Osnabrücker. Drei davon, die Geschwister Edith, Carl und Ruth-Hanna Stern, waren noch kleine Kinder.

Am 31. Juli 1941 wurde der Leiter des Reichssicherheitshauptamts, Reinhard Heydrich, von Reichswirtschaftsminister Hermann Göring mit der Vorbereitung der Endlösung der Judenfrage beauftragt, der systematischen Ermordung aller europäischen Juden. Im Oktober 1941 ordnete Hitler die Deportation der jüdischen Bürgerinnen und Bürger aus dem Reichsgebiet an. Sie wurden in Transporten von je 1.000 Personen in die Ghettos Lodz in Polen, und Minsk in Belarus, Kaunas und Vilnius in Litauen und das lettische Riga gebracht.

In den Ländern der ehemaligen Sowjetunion wurde der Holocaust über Jahrzehnte verdrängt und tabuisiert. Neue Verbrechen durch das stalinistische Regime überlagerten die Erinnerung an die deutsche Besatzung und die Verfolgung von jüdischen Menschen und anderen Bevölkerungsgruppen. Für die Sowjetunion gab es keine jüdischen Opfer und damit auch keinen Holocaust. Die Ermordeten waren alle Sowjetbürgerinnen und -bürger. Es ging um Heldengedenken, alle Toten galten gleichermaßen als „Opfer des Faschismus“. Die Erinnerung an die massive Beteiligung der einheimischen Bevölkerung an den Morden wird den Litauern und Letten auch heute kaum zugemutet.