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Krefeld (Beitritt 23.09.2014)

Krefeld (Beitritt 23.09.2014)

Die Stadt Krefeld trat am Dienstag, dem 23. September 2014, offiziell als 50. Mitgliedsstadt dem Deutschen Riga-Komitee bei.

In den frühen Morgenstunden des 14. Dezember 1941 – einem Sonntag – wurden am Bahnhof Riga-Skirotava im von der Wehrmacht besetzten Lettland 140 jüdische Krefelderinnen und Krefelder nach dreitägiger Reise aus den Waggons in die eisige Kälte hinausgetrieben. 1007 Menschen aus dem Rheinland hatten Ende November den Deportationsbefehl nach Riga erhalten. Zu Fuß mussten sie sich nun mit dem wenigen Gepäck, dessen sie nicht bereits am Sammelpunkt, dem Düsseldorfer Schlachthof, beraubt worden waren, in das abgeriegelte Ghetto der Stadt begeben und sich auf eigene Faust eine Unterkunft in den leergeräumten Häusern und Wohnungen suchen. Die jüdischen Bewohner waren wenige Tage zuvor am Stadtrand von Riga ermordet worden. Für die insgesamt etwa 25.000 aus Deutschland und Österreich Deportierten begann mit der Ankunft in Riga eine schreckliche Leidenszeit. Zwangsarbeit, Hunger, Krankheiten, schließlich Verschleppung in andere Ghettos und Konzentrationslager. Die gebürtige Krefelderin Wilhelmine Leven schilderte in Briefen an ihren Bruder Alfred, der es noch vor Kriegsbeginn nach Brasilien geschafft hatte, ihre letzten Tage in Krefeld, die von zunehmender Bedrängnis geprägt waren. Der letzte Brief aus der Heimat traf kurz nach Weihnachten in Sao Paolo ein. Zu diesem Zeitpunkt war Wilhelmine Leven schon zwei Wochen im Rigaer Ghetto gefangen. Verfasst hat sie ihn am Mittwoch, den 19. November 1941:

Meine Lieben! Nun bin ich immer noch ohne Post von Euch und hoffe doch sehr, dass dies nur an der Beförderung liegt und bei Euch alles in bester Ordnung ist. (...) Auch die angesagte Kaffeesendung ist noch nicht gelandet, sehr schade, da ich son [sic] Seelentröster jetzt ganz besonders gut gebrauchen könnte. Denn, wenn ihr dieses Schreiben erhalten werdet, dann bin ich wohl nicht mehr hier. Voraussichtlich kommen wir Anfang Dezember (am 11.) fort. Wohin ist noch unbekannt. Sobald ich näheres weiss gebe ich euch Bescheid. [...] ob ich von hier aus nochmal schreibe, weiss ich nicht, da ich noch sehr viel zu erledigen habe und es ist möglich, dass meine Zeit nicht mehr reicht.

Lebt wohl und nehmt noch die innigsten Grüße und Küsse Eure Mi.

Wilhelmine Leven leistete in Riga einige Jahre unter erbärmlichen Bedingen Zwangsarbeit, zuletzt in dem neu errichteten Konzentrationslager Kaiserwald. Nach dessen Räumung 1944 wurde sie in das Lager Stutthof bei Danzig verlegt, wo sie an Auszehrung und Unterernährung verstarb. Sie wurde 47 Jahre alt.Auch von den übrigen aus Krefeld Verschleppten haben nur Wenige den Weg zurück in die Heimat gefunden. 16 Krefelder starben in Riga selbst, weitere 117 wurden in anderen Konzentrationslagern ermordet oder kamen auf sogenannten Todesmärschen ums Leben.

Seit 2014 ist die Stadt Krefeld Mitglied im Riga-Komitee, einer Vereinigung von nunmehr 80 Städten und Gemeinden in Deutschland, Österreich und Tschechien, aus denen während der NS-Herrschaft jüdische Bürger nach Riga deportiert wurden. Das Städtebündnis macht es sich zur Aufgabe, die Erinnerung und das Gedenken an die verschleppten und ermordeten Bürgerinnen und Bürger lebendig zu halten. Die Stadt Krefeld und vor allem auch die Krefelder Bürgerschaft engagieren sich seit Jahrzehnten auf vielfältige Weise dafür, die Erinnerung an ihre in der NS-Zeit vertrieben und ermordeten Bürger zu bewahren und an die nächsten Generationen weiterzugeben. Vertreter der Stadt und des Villa Merländer e.V. nehmen Teil an Gedenkveranstaltungen vor Ort in Riga und an den jährlichen Konferenzen des Komitees, welche jeweils in einer anderen Mitgliedsstadt organisiert werden. Die NS-Dokumentationsstelle der Stadt Krefeld erinnert durch Ausstellungen, Vorträge und Publikationen an die nach Riga Verschleppten und Ermordeten. Sie pflegt zahlreiche Kontakte zu deren Angehörigen und Nachkommen in aller Welt. Besonders anschaulich wird das Schicksal unserer ehemaligen Nachbarn den heutigen Krefeldern durch die regelmäßigen Rundgänge zu den für sie verlegten Stolpersteinen nahegebracht.

Frank Meyer

Oberbürgermeister der Stadt Krefeld

Ansprechpartnerin

der Stadt Krefeld für das Riga-Komitee ist

Frau
Sandra Franz
NS-Dokumentationsstelle Villa Merländer
Friedrich-Ebert-Straße 42
47799 Krefeld 
Tel.: + 49 (0) 2151 / 50 35 53
Fax: + 49 (0) 2151 / 86 27 10
Email: sandra.franz@krefeld.de